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Ich hatte immer Safe Sex und dachte, ICH bekomme nie HPV. Ich lag falsch.
Ca. neun von zehn Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit Humanen Papillomviren (HPV). Trotzdem stoßen Betroffene immer noch auf Vorurteile oder Unwissenheit. Auch Simone Hotz (heute 43) wusste nicht viel über HPV, bis sie selbst betroffen war. Hier erzählt sie ihre Geschichte.
„Krebsvorstufe“, „Gebärmutterhals-Krebs“, „Neoplasie“. Als die Begriffe über Simones Bildschirm flimmern, bekommt sie Angst. Nie hätte sie gedacht, dass sie sich mit diesen Themen auseinandersetzten müsste. HPV? Klar, sie hatte, davon gehört, aber sie war doch vorsichtig. Lebte gesund, machte Sport, ernährte sich vernünftig und hatte ausschließlich safe Sex. Und jetzt? Saß sie nachts vor ihrem Computer und versuchte sich auszurechnen, wie groß ihr Krebs-Risiko war.
Ein Routine-Check deckte die Infektion auf
Angefangen hatte alles mit einer Routine-Untersuchung beim Frauenarzt im Juni 2020. Da ich damals älter war als 35, wurde ein sogenannter Co-Test gemacht. Neben dem Pap-Abstrich wurde gleichzeitig ein HPV-Test durchgeführt, bei dem festgestellt werden kann, ob man sich mit gewissen HPV-Typen angesteckt hat. Als die Ärztin ihr das erklärt, hört Simone zwar zu, denkt sich aber nichts weiter dabei.
"Ich hab das getan, wovor alle warnen: Ich habe gegoogelt"
Erst, als sie ein paar Wochen später ein Schreiben in der Hand hält, in dem steht, dass sie positiv auf HPV getestet wurde, wird sie hellhörig. Simone soll sich in drei Monaten wieder bei der Ärztin vorstellen. „Ich wusste überhaupt nichts mit der Information anzufangen“, so Simone. „Also hab ich das getan, wovor alle warnen: Ich habe gegoogelt. Sofort ging bei mir das Kopfkino los: Wo hab ich das her?
85% bis über 90% aller sexuell aktiven Personen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV, eine Infektion heilt meist innerhalb von ein bis zwei Jahren ohne gesundheitliche Probleme wieder von selbst ab.
Drei Monate später sitzt jedoch Simone wieder bei ihrer Ärztin, diesmal deutlich weniger entspannt. Sie erfährt, dass sie sich mit einem sog. Hochrisiko-Typ HPV 18 angesteckt hatte, „ein krebsauslösender HPV-Typ“, so Simone.
Kondome schützen nicht zu 100 Prozent
„Und jetzt?“, fragte ich meine Ärztin. „Abwarten“, sagte sie. „In dieser Zeit habe ich mich immer mehr mit dem Thema befasst, im Freundeskreis rumgefragt, im Netz mit Betroffenen geschrieben und gemerkt: Das Stigma ist riesig. Und die Unwissenheit auch.
Ich dachte, Kondome schützen mich zu 100% – falsch! HP-Viren können im gesamten Genitalbereich vorkommen, auch in den Bereichen, die nicht durch ein Kondom geschützt sind.“
Grundsätzlich werden die Viren von Mensch zu Mensch über direkten Kontakt mit infizierten Haut- bzw. Schleimhautstellen übertragen, indem sie über kleinste Verletzungen der Haut in unseren Körper eindringen und dort zu einer Infektion führen können. Deshalb ist eine Übertragung bei jedem intimen Kontakt möglich, nicht nur beim Geschlechtsverkehr.
„Sechs Monate später musste ich zur Kolposkopie, eine Untersuchung, die zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs dient. Ich hatte Riesen-Angst, der zuständige Arzt nahm mich kaum als Patientin wahr, für ihn war das alles Routine.“
Kurz darauf bekommt Simone die entscheidende Nachricht: Sie hat keine Krebs-Vorstufe. Nur eine Entzündung am Gebärmutterhals, die behandelt werden kann. Im Juni 2021, ein Jahr nach der ersten Diagnose, ist die Infektion mit HPV 18 von selbst ausgeheilt und Simone wieder HPV negativ.
Die Impfquote in Deutschland ist ausbaufähig
Obwohl Simone die HPV-Infektion hinter sich gebracht hat, lässt das Thema sie nicht los. Sie startet einen Insta-Account, mit dem sie informieren und Betroffenen helfen will.
„Die Impfung wird seit 2007 empfohlen, aber mir wurde damals abgeraten, weil ich zu alt sei“, so Simone: „Heute weiß man, dass auch Erwachsene von der Impfung noch individuell profitieren können.“
"Die WHO empfiehlt die Einführung der Impfung in allen Ländern"
Simone ist mittlerweile geimpft. „Die Impfquote ist in Deutschland definitiv steigerungswürdig „, so Simone „dabei gilt die Impfung in der Regel als gut verträglich. Auch die WHO empfiehlt die Einführung der Impfung in allen Ländern.“
Während andere Länder wie Schweden, Portugal, Norwegen und Australien auf Impfquoten (für eine vollständige Impfung) von 80 bis über 90 Prozent kommen, waren in Deutschland im Jahr 2020 gerade einmal 51% der 15-jährigen Mädchen bzw. 17% der 15-jährigen Jungen vollständig geimpft.
Aktuell arbeitet Simone an einem Buch über HPV. „Wenn ich und alle anderen Aufklärungsstellen ihre Arbeit richtig machen“, so Simone, „ist das Buch für die nächste Generation hoffentlich irrelevant.“
Mehr Informationen zu HPV, die Impfung und wie du vorbeugen kannst, findest du hier.
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