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| 09.05.2024 | by Alex

So war es WIRKLICH, bei Brandy Melville zu arbeiten

Die HBO-Dokumentation „Brandy Hellville & The Cult of Fast Fashion“ hat die Diskussion um höchst fragwürdige Praktiken von Fast-Fashion-Unternehmen auf ein Neues entfacht. Exklusiv auf Très Click berichtet Leonie, wie es ist in einem der deutschen Stores der internationalen Kette zu arbeiten.

Die große Überraschung: Brandy Melville ist gar kein amerikanisches Unternehmen. Es wurde in den 80ern vom Italiener Silvio Marsan gegründet und erst im Jahr 2009 öffnete die erste US-Filiale. Danach ging es sehr schnell und das umstrittene Unternehmen betreibt mittlerweile 40 Läden in den USA, drei Standorte in Kanada und Läden unter anderem in Amsterdam, London und Paris und zuletzt auch Filialen in fünf deutschen Standorten in Stuttgart, Hamburg, Berlin (zwei Läden) und München. Diese sind allerdings seit Januar 2024 geschlossen. Leonie arbeitete von Mai 2022 bis zum Ende im Hamburger Standort.

Keine Überraschung – Leonie wurde auf Grund ihres Aussehens eingestellt: „Ich habe von Mai 2022 bis Januar 2023 bei Brandy Mellville gearbeitet. Tatsächlich habe ich mich nie beworben für den Job, sondern wurde angesprochen. Ich befand mich damals auf einer Shoppingtour und war auch bei Brandy Melville einkaufen.

Dort wurde ich von einer Mitarbeiterin angesprochen, ob sie ein Foto von meinem Outfit machen könnte. Dies war nicht das erste Mal, dass mich Brandy Melville oder allgemein in einem Shop nach einem Foto von meinem Outfit gefragt hat. Aber es war das erste Mal, dass ich daraufhin gefragt wurde, ob ich auch Lust hätte dort zu arbeiten. Danach ging alles ganz schnell. Ich hatte ein kurzes Gespräch mit der Store Managerin und habe einen Tag auf Probe gearbeitet. Und im Mai habe ich dann offiziell dort angefangen zu arbeiten.

"Ich habe KEINE rassischsten Erfahrungen gemacht!"

Leonie

Die Praktik des „Einstellens nach Optik“ ist ein Kern der in der Dokumentation beschriebenen Diskrimierung der Mitarbeiterinnen. Als Leonie um das Foto gebeten wurde, ging es natürlich zu keiner Sekunde um ihr Outfit. Das Foto wurde direkt an einen der Verantwortlichen gesendet, der daraufhin entscheiden sollte, ob die damals 21-Jährige hübsch genug für das Label ist. Von dieser Vorgehensweise berichten unzählige ehemalige Mitarbeiter auf der Unternehmensbewertungs-Plattform „Glassdoor“.

„Meine Kolleginnen befanden sich alle im Alter von ca.  18 Jahren – Anfang 20. Dadurch, dass wir alle ungefähr im selben Alter waren, war es ein eher freundschaftliches Arbeitsumfeld. Ich habe dort zwei sehr gute Freundinnen von mir kennen gelernt. Meine direkte Vorgesetzte war 19 damals. Das könnte für einige irritierend sein, aber für uns war das voll normal.“

Nicht normal allerdings auch in Leonies Augen: Das radikale Einheitsgrößen-Konzept der Marke. Die erhältlichen Größen belaufen sich von  32 bis 36. Wahnsinn! Jeans gibt es nur in noch kleinerer Konfektion. Doch das ist noch lange nicht alles:

Luca Rotondo, ein ehemaliger Senior Vice President von Brandy Melville, sagte gegenüber den Medien, dass Brandy Melville Mitarbeiterinnen, die schwarz oder übergewichtig waren, nicht im Geschäft haben wollte.

Doch ein ganz normaler Job? „Ich habe dort als Mini-Jobberin gearbeitet, das bedeutet 15 h die Woche. Aber daraus wurden auch öfters Überstunden, weil nach Ladenschluss die ganze Verkaufsfläche aufgeräumt werden musste und das dauerte schon etwas. Bei Brandy Melville ist es sehr wichtig, dass die Verkaufsfläche visuell ansprechend und äußerst ordentlich aussieht. Es wurden jedes Mal Bilder von der aufgeräumten Verkaufsfläche in einen Chat mit den Vorgesetzten geschickt.

"Brandy Melvilles Carefree-California-Beach-Ästhetik lebt von dem Aussehen der JUNGEN Mädchen"

Leonie

„Meine Aufgaben waren: die Verkaufsfläche aufzuräumen und zu organisieren, die Umkleide zu organisieren und an der Kasse zu kassieren.

Bezüglich der Dokumentation kann ich nur sagen, dass ich keine rassistischen Erfahrungen gemacht habe. Neben mir waren noch zwei andere Mitarbeiterinnen schwarz und wir wurden genauso behandelt, wie die anderen Mitarbeiterinnen. Natürlich bestand der Großteil des Teams dennoch aus weißen Mitarbeiterinnen, ich denke jedoch, dasselbe kann man auch über alle anderen Läden in Hamburg behaupten.

Aber: Ich denke schon, dass wir Mitarbeiterinnen ein Aushängeschild für Brandy Melville waren. Alle schlank, jung und hübsch. Also, dass man so deren Ästhetik entsprechen musste. Ich meine, mir wurde mein Job scheinbar nur aufgrund meines Outfits oder Aussehens angeboten.

Davon lebt Brandy Melville. Deren Carefree California Beach Ästhetik mit jungen Mädchen.

Der Laden lief eigentlich ziemlich gut, also war immer gut besucht und am Wochenende eh voll. Mein Arbeitsverhältnis hat im Januar geendet, weil  die Brandy Melville Läden in Deutschland geschlossen wurden. Jetzt öffnen sie aber langsam wieder in Deutschland und der erste Store wurde jetzt auch in München wieder geöffnet. Natürlich wurde der direkt überrannt von Mädchenscharen.“

Der Brandy Melville (Alp-)Traum geht weiter …